Aufgabe 1


Die sechseckige Uhr

Meine Frau hatte sich von mir zum Geburtstag eine Kaminuhr gewünscht. Natürlich sollte es nicht irgendeine Kaminuhr sein, sondern eine ganz bestimmte, die sie mir im Schaufenster eines Uhrengeschäftes gezeigt hatte, als wir wie zufällig an einem Sonntagsspaziergang daran vorbeikamen. Also erfüllte ich ihr den Wunsch und schenkte ihr die Uhr.

Diese Kaminuhr war keine gewöhnliche Kaminuhr, sondern das Produkt eines modernen Designers. Das Gehäuse bestand aus feinmasrigem, rötlichen Buchenholz und war matt lackiert. Es hatte die Form einer sechseckigen Schachtel, die auf einer ihrer Seitenflächen stand. Das sechseckige Ziffernblatt war eigentlich gar kein Ziffernblatt, denn es stand keine einzige Ziffrer drauf. Es waren sogar nicht einmal die Stellen markiert, wo normalerweise die Ziffern stehen mussten. Die Uhrzeit musste man also allein aus der Stellung der Zeiger erraten. Mir gefällt so ein modischer Schnickschnack nicht. Ich erwarte von einer guten Uhr, dass auf ihrem Ziffernblatt die Zahlen von 1 - 12 stehen.

Als ich einige Tage nach dem Geburtstag meiner Frau für einen Moment alleine im Wohnzimmer war, konnte ich der Versuchung nicht widerstehen, die Kaminuhr zu drehen und auf eine andere Seitenfläche zu stellen. Die Zeiger standen nun zwar falsch, aber sonst konnte man ihr diese Untat nicht ansehen. Nachdem meine Frau wieder im Zimmer war, sagte ich beiläufig: "Ich glaube, deine neue Uhr geht falsch." Sie warf einen kurzen Blick drauf, lächelte etwas süffisant und meinte: "Mein Lieber, mit solchen simplen Scherzen bist du an die Falsche geraten." Dann stand sie auf, ging zum Kamin und stellte die Uhr wieder auf ihre richtige Seitenkante. Ich war überrascht. "Wie hast du erkannt, dass die Uhr nicht falsch geht, sondern nur auf der falschen Seite steht?"

"Wenn eine Uhr falsch geht, so stehen die Zeiger immer noch in einer sinnvollen Stellung. Damit meine ich, man kann aus ihnen eine Uhrzeit ablesen, die zwar nicht der aktuellen Uhrzeit entspricht, aber die trotzdem irgendwann eintritt. Wenn jedoch die Uhr auf eine andere Seitenfläche gestellt wurde, und man weiß dies nicht, so sind alle Zeigerstellungen unsinnig. Man kann also keine Uhrzeit aus ihnen ablesen. Wenn beispielsweise mittags beide Uhrzeiger senkrecht nach oben zeigen, und die Uhr wird nun auf den Kopf gestellt, so zeigen sie beide genau senkrecht nach unten. Dies ist eine Zeigerstellung, die es bei einer Uhr niemals gibt."

Das Uhrenproblem ließ mir keine Ruhe, und ich dachte den ganzen Abend darüber nach. Bei den Spätnachrichten im Fernsehen schoss mir plötzlich eine interessante Frage durch den Kopf. "Wieviele Seitenflächen muss eine Uhr haben, damit sie bei jeder Fläche, auf die man sie stellt, eine sinnvolle Stellung von Stunden- und Minutenzeiger ergibt?", fragte ich meine Frau. Sie konnte mir die Frage nicht beantworten.

Können Sie es?


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